Raum-Zeit

WV-Nr.:   281
Jahr:   1975
Art:   Wandgestaltung | Flachrelief
Material:   Keramik
Ausführung:   flächige Aufbautechnik
Oberfläche:   modelliert, Glasur, Engobe
Format:   auf einer Fläche von 320 x 280 cm (B x H)
Zustand:   erhalten, Original

Werkort:   Kirche Maria Hilfe der Christen
Altarraum
Marktstr. 21
26639 Wiesmoor
Zugänglichkeit:   die Kirche ist außerhalb der Gottesdienstzeiten geschlossen
Raum-Zeit - Wandgestaltung
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Ruth und Theo M. Landmann Archiv e.V., Uwe Lausterer

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Unbenanntes Dokument

Raum-Zeit
Das Chorbild in der Marienkirche in Wiesmoor
(Ruth Landmann, 1975)

Das keramische Bild stellt die Geschichte der Menschheit und seine Heilsgeschichte dar, zwischen Alpha, dem Anfang und Omega, der Vollendung.

Gott hat in die zerstreute, ungeordnete Materie den Anfang seiner Schöpfung gesetzt. Er gab ihr die Fähigkeit sich zu entwickeln, sich zu entfalten. Das geschieht zuerst in einfachen Formen, in immer neuen Versuchen, in vielen Variationen und immer wieder Zerfall auf allen Stufen der Entwicklung, aber etwas, das für die Evolution, für die Fortentwicklung bestimmt ist. Was ihr dienlich ist bleibt erhalten und sammelt sich auf der Achse der Evolution. Die Materie wird im Verlauf größter Zeiträume immer komplexer, ihre Kräfte werden konzentrierter bis sich Leben daraus entwickelt und der Mensch da ist.

Um diesen Menschen geht es. Seinetwegen hat Gott das Universum geschaffen. So steht er am Anfang der Achse der Evolution, die zukünftig im göttlichen Bereich enden wird. Während um ihn herum die Natur sich entfaltet, ihre Minderungen durchmacht, neu entsteht, wieder zerfällt und in neuen Formen auftaucht, entfaltet sich der Mensch im Bewusstsein seiner Freiheit. Auch er ist dem Gesetz der Entwicklung, der Evolution unterworfen. Durch Missbrauch seiner Freiheit zerstört er die Ordnung (Minderungen, Neuanfänge). Lebenswertes im Sinne der Evolution sammelt sich auf der Achse, die vorwärts und aufwärts geht (sich bewegt). Die Materie diente der Vorbereitung und Bildung des Menschen. Sie hat eine durchgehende Funktion, Aktualität und Bedeutung in allen Phasen des Schöpfungs- und Erlösungswerkes.

Im Menschen tritt das Bewusstsein zum ersten Mal auf, er weiß, dass er da ist, er steht in der Entscheidung über Gut und Böse. Es zieht während größter Zeiträume eine Menschheit herauf, die nach einem Ausweg sucht, selbst nicht fähig, sich selber zu entwickeln. Sie ist am Ende einer Entwicklungsphase. Es ist ein kritischer Punkt erreicht, an dem etwas Neues eintreten muss. Gott greift direkt ein. Gott wird Mensch durch Maria, die aus der Menschheit ausgewählt wurde. Durch dieses unfassbare Ereignis, durch seine Inkarnation pflanzte er sich nicht nur in die Menschheit ein, sondern in das Universum, dass die Menschheit trägt.

Die abgeschlossene Menschheitsgeschichte wird so überlagert von der sich nun entwickelnden Heilsgeschichte, in der es ausschließlich um das Heil des Menschen geht, um seine Vollendung und um die Verwandlung der Schöpfung. Die Menschwerdung liegt auf der Achse der Schöpfung. Gott führt dieses Werk aus, das er in der Erschaffung des Kosmos begonnen hat - er führt es durch Christus aus, Menschheit und Kosmos werden vom Feuer des Geistes Gottes und der Gnade erfasst. Der Mensch ist nun nicht mehr nur einzelnes Geschöpf, für sich selbst lebend: Der Mensch steht in der Gemeinschaft, für den Mitmenschen verantwortlich. Das ist das Neue. Aber der Zwiespalt zwischen Evolution und Zerfall, zwischen gut und böse kennzeichnet auch hier das Dasein, die Raumzeit des Menschen, wie der Materie. Missbrauch der Freiheit, gestörte Ordnung überall, immer wieder Schuld und Zerstörung. Christus schafft den Kontakt.

(Mensch und Materie sind, für die übernatürliche Daseinsweise der Verklärung bestimmt, können es aber aus eigener Kraft nicht erreichen.)

Der Eucharistie kommt hier eine besondere Bedeutung zu, die Erhebung der Natur in die Seinsweise der Übernatur. Die ganze Materie, der »ganze Kosmos erfährt langsam und unwiderstehlich die große Weihe« und reift in seine natürliche und übernatürliche Bestimmung hinein. Durch die Eucharistie konsekriert Er die Welt mittels der Konsekration von Brot und Wein auf dem Altar und mittels der Heiligung der Kommunikanten. Die Erlösung und die Vollendung der Welt sind undenkbar ohne die Beseitigung der dunklem Schatten, der Schuld, der Zerstörung und des Todes über die Schöpfung. Das Übel gehört zur evolutiven Welt, zu einer Welt, die in Wandlung begriffen ist. Die Erlösung und Vollendung durch das Kreuz Christi, durch seine Auferstehung, stellen Ereignisse dar, die in die Geschichte des Universums eingreifen.
Hier taucht das Mysterium des Leidens der Kreatur auf und die Überwindung des Übels im Mysterium des Kreuzes.

Der Tod ist ein Übel, eine Daseinsbestimmung. Jedes Element der Raum-Zeit wird umgeschmolzen zu einer höheren Gestalt. Es ist ein Gesetz der Schöpfung auf allen Stufen der Evolution. Aus dieser Situation des Leides gewinnt die Gestalt des Gekreuzigten seine Bedeutung und Stellung in der zu erlösenden Wirklichkeit. Das Kreuz öffnet einen Weg zu einem Ausgang. Die schöpferische Kraft dieses Sühnetodes ist auf das letzte Ziel der Erlösung hingeordnet, auf die Überwindung des Übels in jeder Form durch die Vereinigung der Schöpfung mit Gott. Das Kreuz hat seinen Ort im Berührungspunkt der Immanenz und der Transzendenz, im Schnittpunkt der Evolution und Vergöttlichung des Universums.

Das Kreuz Christi ist Zeichen und Wirklichkeit der Sühne und des Sieges, des Gerichtes und der Begnadigung, des Sterbens und der Auferstehung. Der Mensch hat die Freiheit sich angesichts des Kreuzes zu entscheiden für das Licht oder das Dunkel, für die Vollendung im göttlichen Bereich oder für das Nichts, die Verwerfung.

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Raum–Zeit
Menschwerdung zwischen Alpha und Omega
(Ruth Landmann, 1975)

Es ist die Geschichte des Menschen
in einem Universum,
dem Gesetz der Evolution unterworfen.

Der Mensch steht am Anfang einer Entwicklung,
die zukünftig im göttlichen Bereich enden wird.

In seinem Milieu
entfaltet sich die Natur
macht Minderungen durch
zerrinnt
Neues entsteht auf anderer Ebene
zerfällt
taucht wieder auf
in vielfachen Formen.

Auch der Mensch
ist schmerzhaften
Umschmelzungsprozessen
unterworfen.

Immer komplexere Materie entsteht
im Laufe der Raum-Zeit
Bausteine in einer dynamischen Evolution.

Der Mensch entfaltet sich
sprunghaft neu
im Bewusstsein seiner Freiheit
Verstrickungen
Leiden, Liebe, Schuld.

Es wächst in langen Zeiträumen
eine Menschheit herauf
unfähig
sich weiterzuentwickeln
Die Materie ist erschöpft.

Die Menschheit erwartet
den neuen Anfang

Es geschieht

Ein kosmisches Ereignis
der Menschen wegen.

Ein Gott
pflanzt sich in die Menschheit
in das Universum ein
für immer.
Die nun beginnende
Ära des Heiles
und der Hoffnung
mit unauslotbaren
Dimensionen
durchdringt fortan
die Evolution des Menschen.

Der Mensch entdeckt sich neu
er ist nicht allein
er spürt Verantwortung in der Gemeinschaft
und für die Schöpfung.

Das Feuer des Geistes
durchwirkt den Kosmos

Freiheit des Menschen
Aufbrüche gestörter Ordnung
Ausstoß des Bösen
Vernichtung des Guten.

Dennoch wird der Mensch und
der Kosmos
langsam
in die Seinsweise der Übernatur
erhoben.

Durch Segnung des Brotes
dieser Erde
Als fortwährende Nahrung
für den Menschen
auf seinem Weg
durch die Raum-Zeit.

Das Kreuzgeschehen
Zeichen und Wirklichkeit

Gravierendes Ereignis
in der Menschengeschichte.

Ein Gott-Mensch
trägt das Übel in der Welt fort
Das Kreuz öffnet einen Ausgang
auf ein letztes Ziel
der Erlösung im göttlichen Bereich.

Der Mensch hat im letzten Akt
die freie Entscheidung
für das Licht oder das Dunkel
für die Vollendung seiner Existenz
im Omega
oder das Nichts.

+ Eigentümer
Kath. Kirchengemeinde Maria Hilfe der Christen, Wiesmoor