Kreuzweg, Kirche Mariä Verkündigung

WV-Nr.:   247
Jahr:   1970–1971
Art:   Kreuzweg | Flachrelief
Material:   Keramik
Ausführung:   flächige Aufbautechnik
Oberfläche:   modelliert, Engobe
Zusatzinfo:   16 Stationen
Format:   auf einer Fläche von ca. 500 x 180 cm (B x H)
Zustand:   nicht erhalten

Werkort:   Kirche Mariä Verkündigung
Kircheraum, Westwand
Vechtestr. 8
48465 Schüttorf
Kreuzweg, Kirche Mariä Verkündigung - Kreuzweg
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Autor unbekannt

+ Anmerkungen
Die Gesamtansichten 1 und 2 sind die einzigen farbigen Aufnahmen, die von dem Kreuzweg existieren, der nach 1981 entsorgt wurde. Sie zeigen, wie die Stationen an der Westwand des Kirchenraums, rechts und links vom Eingang, angebracht waren.
+ Werktext
Unbenanntes Dokument

Meditation zu dem Kreuzweg in der Kirche in Schüttorf
(Ruth Landmann, 1971)

Bild 1
In der Einsamkeit des Ölberges litt Christus wie ein Mensch. Vor ihm lag der Weg des Leidens und Sterbens schwer auf seinen Schultern - Auftrag des Vaters zur Erlösung der gesamten Menschheit in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.
Eine unwägbare, unbegreifliche Tat der Verantwortung.
Er hält Zwiesprache mit seinem Vater, er ist frei in seiner Entscheidung.
Er ist Kind dieser Erde auch und liebt die Schöpfung mit ihren Schönheiten, den Duft der Bäume und Blüten, die Farben der Blumen, er liebt Berge, Hügel und Täler, das Rauschen der Olivenbäume im Wind.
»Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch des Leidens und Sterbens an mir vorübergehen.«
Er wusste, dass man ihn verfolgte, um ihn zu töten, weil er die starren Gesetze der Thora missachtete - und er wollte sie lebendig machen zum Wohl des Menschen; er wollte sie zu menschlichen Gesetzen machen, den Menschen den Weg zu Gott und zum Mitmenschen leichter finden lassen - durch Liebe.

Aber könnte der Mensch nicht auch aus eigenen Kräften in den göttlichen Bereich, in das ewige Leben gelangen?
Er könnte es nicht, ohne dem kreuztragenden Christus bis in den Tod hinein zu folgen.
In seiner Qual gibt der Vater ihm ein Zeichen seiner Liebe. Es erscheint der Heilige Geist in Gestalt einer Taube wie aus Wolken gebildet und erfüllt ihn ganz mit seiner Kraft. »Du bist mein geliebter Sohn.«

Bild 2
Jesus stellt sich nun frei der weltlichen und geistlichen Macht als dritte Macht, unglaubwürdig zwar in seiner schwachen Gestalt, ohne Zeichen von Macht und Ansehen.
Vor dem hohen Gericht ein Verlierer in der Erscheinung.
Er aber sagt trotzdem: Ich bin ein König. Mein Reich ist nicht
von dieser Welt und doch bin ich in diese Welt tief eingewurzelt
worden.
Wie soll das hohe Gericht dieses verstehen?
Die geistliche Obrigkeit hätte es verstehen können durch die
Weissagungen der Propheten; aber sie hasste ihn wegen seiner Menschfreundlichkeit, wegen seiner Liebe, die ihr Gesetz übertrat.

Bild 3 und 4
»Er hat mit den Sündern und Zöllnern an einem Tisch gesessen und mit ihnen gegessen«. Er hat am Sabbath einen Blinden geheilt. Er hat Sünden vergeben, eigenmächtig. Ihre Anklage gipfelt in der Empörung: »Er hat sich zum Sohn Gottes gemacht!« Das war infame Gotteslästerung. Dieser geschundene Mensch der Sohn Gottes! Das Gesetz ist mit Füßen getreten worden, das musste mit dem Tod am Kreuz bestraft werden.

Bild 5
Christus wird zum Tode verurteilt.
Der Hohe Rat weiß nicht, was er tut, welches Heil aus diesem Kreuzesbalken erwächst. Christus nimmt das Kreuz an, und mit ihm wird er die vielen Kreuze der Menschheit bis zum Ende des Weges tragen, durch den Tod hindurch in das ewige Leben beim Vater.
Die Menschen sind damit einverstanden und lassen es zu. Sie wissen nicht, dass es auch für sie Nachfolge Christi bedeuten könnte auf diesem Weg. Vielleicht ist auch mancher dankbar, dass sein Kreuz dabei ist, das da sicher über die Weltstraße getragen wird - aus Liebe. Das ist unfassbar und tröstlich. Der Mensch wäre nicht mehr allein in seiner Trostlosigkeit und Einsamkeit.

Christus allein weiß, durch die Zusicherung vom Vater, dass er die Menschen, seine Schöpfung, nur durch äußerstes Leid, durch die freiwillige Hingabe seines irdischen Lebens an den Vater zurückgeben kann.

Bild 6
Die Schwere des Kreuzes, das Wissen um die Eigensucht der Menschheit auf dem ganzen Erdball, macht ihn schwach. Kann eine Liebe soviel aufwiegen?
Aber die Liebe des Vaters begleitet ihn auf diesem Weg, und er darf niederknien und dankbar zu ihm aufblicken.

Bild 7
Seine Mutter steht da, fast in starrem Schrecken. Eine Schwäche scheint ihren Körper zu befallen. Das Schultertuch ist herunter geglitten. Aber in der Haltung des Kopfes und des aufgerichteten Arme wehrt sich ein langsames Erkennen und dann eine Gewissheit gegen diese Schwäche. Vom Geiste erleuchtet erfährt sie, dass der Leidensweg ihres geliebten Sohnes sein muss, diese äußerste Erniedrigung, dieses völlige Hingabe an den Willen des Vaters. Es kommt ihr in den Sinn das Wort: Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist? Sie beginnt zu begreifen, dass die Liebe zu den Menschen, ihre Erlösung, ihn zu diesem Weg voller Qual bis in den Tod treibt.

Bild 8
Da stehen nun die Frauen mit entsetzten Mienen, klagend, schreiend. Die Handgebärden machen die Verwirrung noch größer. Er sollte unser Retter sein, unser Ernährer und Heiler - nun diese entsetzliche Schwäche und unansehnliche Kreatur.
Es ist nicht ein echtes Mit-Leiden, es ist die Gebärde der inneren Abwehr, der großen Enttäuschung.
Christus nimmt dieses Mitleid nicht an »Weinet über euch selbst!« Ich leide für euch und für eure Kinder, für euer Heil.

Bild 9
Wie kraftvoll scheint dagegen dieser Mensch zu sein.
Er kriecht nicht auf der Erde wie dieser Jesus. Er breitet sich auf
der Erde aus, habgierig.
Mit vielen schaffenden Händen greift er bis zu den Sternen, baut sich kühn und skrupellos eine Welt auf.
Er könnte es zum Übermenschen bringen, wenn eine Seite seiner Existenz nicht durch Dunkelheit begrenzt wäre und die helle Seite ihn nicht blendete. Er will nicht wissen, woher das Licht kommt. Aber er muss mit ihm rechnen. Er muss auch mit der Dunkelheit rechnen.
So scheint er in einer unbewussten Knechtschaft zu leben.
Der leidende Christus verspricht Befreiung aus der Knechtschaft.

Bild 10
Während die Bosheit der Menschen ihr Opfer herausfordert und den Gottmenschen zwischen Kreuz und Straße zermalmen möchte, um ihn auszuradieren wird …,

Bild 11
… Veronika vom Geiste erleuchtet, ein sichtbares Zeugnis von der Herrlichkeit des Gottmenschen Jesus zu geben, die er beim Vater hat. Veronika ist bestürzt von dieser unerwarteten Erscheinung. Sie fühlte sich gedrängt, das Gesicht des Leidenden, von Blut und Schweiß entstellt, mit einem Tuch zu erfrischen - Und darf nun einen Blick tun in sein eigentliches gottmenschliches Dasein als der, der das Alpha und das Omega ist.

Bild 12
Nachdem Christus sich mühsam wieder erhoben hat, um das Kreuz bis zum Ende weiterzutragen, macht sich ein Mensch aus dar vorübereilenden geschäftigen Menge frei, diesem Unbekannten, Leidenden, Daherkriechenden das Kreuz tragen zu helfen, ohne zu ahnen, dass das seine auch dabei ist.
Ein Blick der Dankbarkeit dieses Unbekannten trifft ihn tief, hat ihn getroffen vielleicht für immer.
Er ahnt ein verborgenes Geheimnis. Er ist in diesem Augenblick vom Heiligen Geist erfüllt.

Bild 13
Der ausgemergelte Körper des Gottmenschen liegt, bis zum äußersten verwundet und entstellt, auf dem Kreuzbalken. Der grobe Beauftragte mit dem Hammer mit der gewaltigen Faust, scheint zu zögern. Er möchte für einen Augenblick Kreuz und Opfer in seine schützenden, kräftigen Arm nehmen. Der Leidende, im vollen Bewusstsein noch seines Auftrages, verheißt für diese kleinste Regung unbewusster Liebe das Gottesreich. Dann wird er von ihm angenagelt, weil er den Auftrag hat.

Bild 14
Der Gottmensch hängt am Kreuz für die Vielen. Der Vater überlässt ihn einer äußersten Gottverlassenheit. »Mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Diese schwerste auferlegte Qual ist unfassbar für menschliches Denken. Man sollte glauben, der Kelch des Leidens ist schon zum Überlaufen voll.

An dieser Qual des Gottmenschen kann man den Wert des Menschen ermessen, seine Einmaligkeit: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Jeden Einzelnen – du bist mein.
Für den Gottmenschen ist die Stunde des Todes gekommen. Es ist vollbracht. Das Werk, das du mir aufgetragen hast ist vollbracht. Ich habe den Kelch bis zum Rest ausgetrunken.
Es muss ein innerer, sieghafter Jubelschrei gewesen sein: »Vater, in deine Hände gebe ich meinen Geist.«
Maria und Johannes sind in das Leidensgeheimnis mit hineingenommen. Für sie war es ein weiter Weg des langsamen Begreifens.
Es gibt unter den vorbeigehenden Leuten einige, die angerührt sind von diesem seltsamen Geschehen. Sie spüren dass sich irgendetwas Großes ereignet hat. Einer spricht es ganz laut und mutig aus: »Dieses ist Gottes Sohn«.

Bild 15
Das Reich der Vergänglichkeit ist entmachtet. Der Gottmensch ist vom Tod auferstanden. Er ist aufgenommen in die Herrlichkeit beim Vater und hat das Reich des innergöttlichen Lebens für den Menschen geöffnet, den unbegreiflichen Raum des dreifaltigen Gottes.

Bild 16
Dieses Weiterwirken des Erlösungstodes und der Auferstehung vollzieht sich in der Eucharistie bis in die heutige Zeit, bis zur Endzeit hin, Menschen auf der Erde leben. Es ist die göttliche Nahrung auf dem Weg in die Welt des dreifältigen Gottes, hier auf der Erde schon.

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