Die Satten und die Reichen

WV-Nr.:   285
Jahr:   1975
Art:   Wandbild | Relief
Material:   Keramik
Ausführung:   flächige Aufbautechnik
Oberfläche:   modelliert, Engobe
Zusatzinfo:   die Keramik ist in einen Metallrahmen montiert
Format:   80 x 50 cm (B x H)
Zustand:   erhalten, Original

Werkort:   Privathaus, Osnabrück
Zugänglichkeit:   nach Absprache
 
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Die Satten und die Reichen - Wandbild
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Ruth und Theo M. Landmann Archiv e.V., Pia Landmann

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Keramisches Relief: »Die Satten und die Reichen« oder »Herausforderung«.
(Ruth Landmann, 1975)

Dargestellt ist der Bereich des Reichtums und der Bereich der Armut. Macht und Ohnmacht der Menschen.

Die Macht des Reichtums drängt sich vor,
in der Brillanz,
in der Kälte des Platin.
Sie drängt sich vor durch Stabilität und Geschlossenheit in der Form,
klare Abgrenzung.
Wo ein Einstieg möglich ist,
zum leeren Stuhl hin,
verbietet es die Hand, der kräftige Arm.
Der Stuhl bleibt leer,
er wird eines Tages zum Richterstuhl werden.

Die Tafel füllt sich,
der Eine rafft gierig zusammen.

Den anderen stört die enge Nachbarschaft mit der Armut,
denn die Armut in Person, missgestaltet, steht so unübersehbar da,
hinter dem Zaun,
im Mittelpunkt.
Vielleicht trifft ihn kurz ein heiliger Geistesblitz:
Seht welch ein Mensch!
Aber diese Schwäche wird vorübergehen.

Der Dritte, am prall-gefüllten Tisch, genügt sich selbst –
in seiner Sattheit.
Er ist satt.
Will immer satt bleiben in dieser Welt,
weiches Polster am Kopf.

Dennoch ist er nicht frei von Sorge,
etwas zu verlieren – eines Tages.

Die Armut hat nichts zu verlieren.
Sie ist eine zerbrochene, zusammenstürzende Welt.
Die Armut ist ohne Macht.
Und doch lastet sie in ihrer Gesamtheit der Macht auf,
hat sich dort angesiedelt,
hat sich da eingepflanzt
und wird paradoxerweise Blüten treiben.

Das Gebäude der Armut könnte unter Umständen
über dieser etablierten Macht zusammenstürzen –
sie zertrümmern,
unter sich begraben.
Denn die Pfosten, die das Notdürftige tragen
sind dünn und zerbrechlich,
und die Last der Dächer ist schwer.

Der Balken-Tragende
hinter dem Zaun der ein Haus aufbauen will,
mit den anderen –
mit denen, am Rande der Gesellschaft,
die Hilfe brauchen.
Dieser balken-tragende Gott Mensch steht offensichtlich eindeutig
auf der Seite der Armen,
identifiziert sich mit ihnen.
Darin wären sie glücklich zu schätzen.
Er steht nicht aus Protest auf ihrer Seite.

Ganz einfach, weil sie einen Helfer brauchen
in leiblicher und seelischer Not,
weil sie offen sind für einen Helfer,
weil sie Liebe nötig brauchen.

Die Reichen –
die Selbstgenügsamen –
holen sich ihren Gott auf die Tische,
für ihre Lebensdauer.
Bis dann der Gott-Mensch
bei ihrem Tode, eines Tages
wo sie ganz »bei sich« sind
für sie da stehen wird.

+ Eigentümer
Privatbesitz, Osnabrück